Tag 1

Nun sind wir endlich unterwegs.
Um es gleich vorweg zu nehmen: bisher hat alles bestens geklappt - wie geplant und besprochen.
Der Mast war schnell gelegt, die Wassertanks flux gefüllt. Klamotten rein, und dann erst mal abgelegt Richtung Schleuse. Schleuser Marco war ja informiert und wir hatten grünes Licht, als wir um die Ecke bogen. Nur verschätzt haben wir uns, denn der Jütbaum war doch 5cm länger als vermutet und so touchierten wir das erste Schleusentor, um ihn dann schnell abzunehmen.
Jette war gleich wieder in ihrem Element, saß auf meinem Schoß und genoß die Eindrücke ihrer Sinnen in vollen Zügen. In einer Stunde waren wir mit der Tide in Grohn.
Der Grohner Yachthafen ist aber noch halb im Winterschlaf. Hier und da sind Skipper zugange, bereiten Masten vor oder bauen an ihren Stegen rum. Die meisten Boxen sind noch frei.
Und- weil so angeordnet von der obersten Marine-Instanz - habe ich dann auch gleich rückwärts angelegt. Da war ja viel Platz, falls es mal nicht gleich klappen sollte. Denn rückwärts mit fester Welle ist so eine Sache. Beide Schwerter runter und -siehe da - der erste Anlauf war schon perfekt. In der Ruhe liegt eben die Kraft. Und es war kein Seitenwind.
Der Mast war auch schnell gestellt. Wenn man erst mal weiß, wo die Wanten und Fallen immer so haken, dann hat man da ein Auge drauf. Und ich an der Kurbel vorne merke auch sofort, wenn es schwerer zu drehen geht. Dann stoppt man besser und klärt die Sache.
Danach wurde erst mal gestaut. Und Betten gebaut. Und den Hund gassi geführt. Jetzt schon zweimal. Es ist 1400h gerade und die Flut läuft kräftig ein. Wir werden aber erst um 1630h weiterfahren können, eine Stunde vor HW Vegesack. Dann steht das Wasser schon fast und danach läuft es erst langsam, dann immer kräftiger wieder ab.
Und wir möchten heute bei Sonnenuntergang in Nordenham-Großensiel einlaufen. Da ist dann NW und wir werden eine halbes bis ein Stündchen in der Hafeneinfahrt trocken liegen.
Zeit für die zweite Hälfte von Werners super Hühnerfrikassee. Conny hat es vom Hühnerbaron auf dem Markt gekauft. Werner hat Reis dazu gekocht - das erste Mal in seinem Leben und nach genauer Instruktion - und es hat hervorragend geschmeckt!
So, jetzt trinken wir einen löslichen Kaffee (ja, muss auch mal sein...) und dann geht die Zeit langsam ins Land und das Wasser steigt weiter.
Werner kriegt noch eine Einweisung ins Funkgerät und in die Klobedienung. Man weiß nicht, was von beiden wichtiger ist. Vermutlich je nach Situation. Am Ende könnte sonst alles Sch....e sein, oder?
Es ist angenehm ruhig hier im Hafen, ein paar Wespen umschwirren uns dann und wann, fliegen hinten rein und vorne wieder raus. Und Jette schnarcht. Immer auf frisches Wasser für sie achten, denn es ist doch schon ziemlich heiß heute. Nicht ihr Ding.
So, heute Abend kommt dann Teil II... Bis dann... Holger
Teil 2
Während ich diese Zeilen tippe, schaukelt es nicht schlecht. Wir sind gerade an Brake vorbei und haben Sandstedt Steuerbord querab. Und es läuft ein kräftiger Ebbstrom, dem ein starker Wind mit Bft 4 genau entgegenbläst. Da wird es leicht hackig. Im Braker Knick war es eben besonders hackig. Mich wundert, dass es dem Hund gar nichts ausmacht. Der liegt einfach immer dort, wo ich gerade bin und ist scheinbar zufrieden. Wie schön.
Also, gaaanz weit am Horizont kommt langsam unser Törnziel für heute in Sicht: Großensiel. Aber da muss man schon übermenschliche Augen haben, denn dieser Weserteil zwischen Brake und Nordenham ist seeehr lang. Und verläuft genau in der Nord-Süd-Richtung. Und wir haben den Wind voll auf den Kopf! Andersrum könnte man jetzt fantastisch segeln. Wenn wir nun aber gegen den Wind aufkreuzen wollten, dann würden wir so viel Zeit verlieren, dass wir im Hellen nicht mehr in den Hafen kämen.
Und jetzt haben wir sogar die Chance, dass wir vor NW die Hafeneinfahrt erreichen und dann vielleicht noch einlaufen können - statt Wartezeit im Schlick. Für Jette wäre es besser, wegen der Blase. Aber die kann auch aushalten. Man wundert sich.
Werner sitzt am Ruder, inzwischen mit drei Pullovern plus Ölzeugjacke. Mehr geht derzeit nicht, kälter darf es also erst mal nicht werden - oder ich muss raus. Aber ich tippe ja...
Das Rendevouz mit Fritz und Wilfried auf ihrer "Marlies" hat auch geklappt. Sie kamen von Hasenbüren und wir haben uns im Bereich der Werften auf der Weser dann getroffen. Wir tuckerten mit 2kn dahin und sie holten von hinten mit 4kn auf. Jetzt fahren sie treu in unserem Kielwasser. Der Funkkontakt auf Kanal 72 war auch einwandfrei.
Die "Marlies" ist ein einglischer stäbiger Kimmkieler von 26 Fuß Länge. Ein tolles Schiff für's Watt, weil es immer gerade steht beim Trockenfallen - wie wir. Aber eben zwei Kiel an der Kimm, also an den Seiten unten. Für Kenner: eine "Westerly Griffon". Tausendfach für Englands rauhe Küsten gebaut. Ein Laminat so dick, dass man hier zwei Boote aus der Materialmenge bauen könnte. Ich bin gespannt, wie sich der kleine Unterschied im Tiefgang zwischen denen und uns gleich und die nächsten Tage bemerkbar machen wird. Es sind nur 2 Dezimeter, aber... man wird sehen.
Mittwoch kommt dann noch Andreas mit seiner "Knilles" uns aus WHV entgegen gesegelt. Wir wollen uns auf der Kaiserbalje treffen, dem Wattenweg zwischen Fedderwarder Priel und der Jade. Wir sind gespannt. Und gemeinsam soll es dann weiter nach Dangast gehen, vielleicht, je nach Tidenstand, auch erst mal nur in den Nassauhafen WHV. Da ist ein netter Verein mit einem schönen Vereinslokal, wo es gut was zu Essen und zu Trinken gibt.
So, mehr nachher, hier erst mal ein Foto vonb der "Marlies", wie sind vorhin von hinten aufkam. Im Hintergrund die "Grohner Dühne", ein Baukomplex, den man getrost als "Problemviertel" bezeichnen kann. Aus der Ferne aber sieht die "Dühne" schick aus und wer da oben wohnt, muss einen tollen Blick haben. Dann bis gleich....